Biesenbach, Christian by Schnee und Tote Sonne

Biesenbach, Christian by Schnee und Tote Sonne

Autor:Schnee und Tote Sonne [Sonne, Schnee und Tote]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Kapitel 9

13:49 Veersemeer

Die Zeiger von Bloembergs Armbanduhr schritten auf die vierzehnte Stunde des Tages zu, als Bert das Segel aus dem Wind nahm und sie an Fahrt verloren. Schließlich schaukelte das Boot nur noch auf dem Wasser. Eine Schar schwarze Möwen, die in dieser Gegend äußerst selten vorkamen, zog kreischend vorbei, als sich der Hafenmeister in seiner Sitznische am Heck zurücklehnte, die Arme ausstreckte und in einem unterdrückten Gähnen die Schönheit des Wetters lobte. Kees sah dem Vogelschwarm nach, verlor aber schnell das Interesse an den sich entfernenden Tieren. Er saß Bert gegenüber, zwischen den beiden stand bloß die Kühlbox, dennoch waren, bis zu diesem Zeitpunkt, nur wenige Worte gefallen.

Während Bert die Anny gesteuert und dabei unmelodisch gepfiffen hatte, hatte Kees sich damit begnügt, abwechselnd Bert zu beobachten und aufs Meer zu schauen. Zum einen versuchte er herauszufinden, ob er dem Mann, dem er am meisten vertraute, von seinem schmerzhaften Eheaus berichten konnte, dann wiederum musste er Bert dazu bewegen, mit ihm über Imar und Namir zu sprechen und letztendlich machte er sich auch Sorgen, denn Bert sah nicht gut aus. Zwar wirkte er nicht wirklich krank, aber ebenso wenig richtig gesund. Auch wenn er es vorhin bestritten hatte, so konnte Kees sich dem Eindruck nicht erwehren, dass Bert irgendwie ausgemergelt und müde aussah. Unter seinen Augen zeichneten sich tiefe Schatten ab.

Als Bert auch nach Minuten des Schweigens nicht den Eindruck machte, er wolle am heutigen Tage noch einmal den Mund aufmachen, um mehr damit zu tun, als vor sich hin zu summen, ergriff Kees das Wort.

„Keine schlechte Art, seine Arbeitszeit herumzubekommen“, sagte er und erntete dafür nur ein einfaches „Hm“. Danach legte Bert den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und genoss die Sonnenstrahlen.

Die Reaktion war so offensichtlich gegen eine Kommunikation ausgerichtet, dass Kees sich beinahe wieder darüber aufregte. Aber er wusste zu gut, dass Bert grundsätzlich nur redete, wenn er Lust dazu hatte. Es war eine der vielen Eigenheiten dieses Mannes und mit dem Verweis auf seinen Dienstgrad und seine Pflichten, den Chefinspektor raushängen zu lassen, wäre daher kontraproduktiv gewesen. Mehr als ein müdes Lächeln und einen abfälligen Kommentar hätte er dem Van Helig damit jedenfalls nicht entlockt.

„Du siehst ein bisschen fertig aus, Bert, wenn ich ehrlich sein soll“, merkte Kees an.

Bert blinzelte, warf ihm einen Blick zu und schloss die Augen danach wieder.

„Is‘ das also so“, murmelte er.

„Ja. Du siehst echt nicht gut aus. Ist alles in Ordnung bei dir?“

„Na ja. Na, ja. Wie das blühende Leben siehst du auch nich‘ aus, Kees“, war die lapidare Antwort. Darauf folgte ein paar Sekunden nichts und dann sagte Bert: „Weiß‘ du, Kees. Ich mag die Luft hier. Ich mag’s mitten auf dem freien Wasser zu sein. Ich mag die Ruhe. Als ich vor acht Jahren nach Veere gekommen bin, hab‘ ich mir geschworen: alles, was bis dahin in Rotterdam passiert is‘, davon will ich nix mehr wissen. Ich hab‘ haufenweise brenzlige Situationen erlebt in den Vierteln, selbst in meiner Segelschule am Stadtrand. Ich hab‘ mit alldem abgeschlossen. Bin froh, dass ich überlebt hab‘.



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